Der technische Begleitpost zu “Ab mit seinem Rost“
Hier beschreiben wir detailliert die handwerklichen Schritte und Werkzeuge, die wir bei der Rostbehandlung der Karosserie angewendet haben.
Das Wichtigste vorweg: Wir sind keine Profis!
Wir haben vor jedem Handgriff recherchiert und uns mit fachkundigen Personen unterhalten oder uns von solchen über die Schulter schauen lassen. Aber wir haben keine Ausbildung im Bereich der Autospenglerei oder Metallbearbeitung. Wir lernen am lebenden Objekt und gehen davon aus, dass wir im Verlaufe dessen auch Fehler machen werden. Seid also kritisch wenn ihr euch etwas von uns abguckt, oder hinterlasst uns in den Kommentaren Tipps wenn ihr wisst was wir besser machen können.
So können alle aus unseren Fehlern lernen.
Schwere von Rostschäden
Im Verlauf unserer Restaurationsarbeiten an der Karosserie sind uns grob drei Grade von Rostschäden begegnet:
Leichte Roststellen – Oberflächliche, kleine Roststellen
Der Lack wurde beschädigt, kleine Wassermengen sind eingedrungen und haben begonnen das Blech oberflächlich anzunagen. Lediglich an der beschädigten Lackstelle ist ein kleiner Rostpunkt oder “Ausblutungen” zu erkennen.
Dieser Rost ist aktuell nur ein optischer Mangel und kein Grund zur Besorgnis. Durch Sonneneinstrahlung, Wasser und insbesondere Salz (Meeresluft oder Streusalz im Winter) kann sich daraus aber im Verlauf von Monaten oder Jahren ein tieferes Problem entwickeln.
Mittlerer Rostbefall – Rost hat sich tiefer in das Metall gefressen
Der Lack ist sichtbar aufgequollen, kann mit bloßen Fingern abgebrochen werden oder ist bereits aufgeplatzt.
In diesem Stadium sollte etwas unternommen werden. Es mag auch jetzt nur ein optischer Mangel sein, jedoch kann man jetzt noch gut gegen den Rost ankämpfen. Ist die Stelle erstmal völlig durchgerostet, gestaltet sich das Ausbessern weitaus lästiger. Also besser sofort Maßnahmen ergreifen.
Schwerer Rost – Das Metall ist durch
Das Metall ist durch, oder bereits aufgeblättert wie feuchte Buchseiten. Wenn man das verbliebene Metall mit den Händen zerbröseln kann, oder auch mit den Griff eines Schraubendrehers durchschlagen, kommt jeder oberflächliche Ausbesserungsversuch zu spät.
Was sollte und was muss behandelt werden?
Wir vertreten grundsätzlich die Meinung “Nur drüberlackieren ist keine Option – Außer natürlich ihr hängt nicht sehr an eurem Fahrzeug”
Ich habe noch nie ein Auto besessen, dass jünger als 10 Jahre war. Klar gibt es jedes Jahr zur Überprüfung Kleinigkeiten zu reparieren, aber die Kosten dafür belaufen sich selten über 150€ (inkl. der Kosten für die Überprüfung selbst). Grund dafür ist schlichtweg, dass sich alles günstiger und einfacher beheben lässt, wenn man es früh erkennt und angeht.
Eine Weisheit die von Schulnoten über Bauchspeck bis ins Berufsleben in jeder Lebenssituation anwendbar ist.
Darum zurück zum Thema: Das muss alles ab, der Kram!
Jede Roststelle ist ein Wolf im Schafspelz – oder umgekehrt.
Wir haben jede Roststelle angeschliffen, die wir mit Werkzeug erreichen konnten. Hinter kleinen Rostpunkten verbarg sich so manches Mal ein regelrechtes Rostgeäst. Wie Wurzeln, die sich von einem kleinen Loch im Lack genährt haben.
In manchen Fällen war eine dicke Rostblase unter dem Lack (ca. 1cm) nur einen Millimeter breit auf/im Metall. Der ausblutende Rost scheint den Schaden im Lack verschlossen zu haben, sodass kein weiteres Wasser eindringen konnte.
Die große Erkenntnis daraus: Man weiß nie mit Sicherheit wie groß das Problem ist, solange man nicht nachgesehen hat. Und wenn man sowieso schon dabei ist, kann man die Stelle auch gleich reparieren.
Aber wie?
Die Schritte dazu sind eigentlich immer dieselben. Je nach Schweregrad kann man in der Kette später einsteigen.
Die Selbstbau-Schritte für schweren Rost sollten von einem Profi oder zumindest unter dessen Aufsicht durchgeführt werden. Im Gegensatz zu den anderen Schritten ist das Verletzungsrisiko an einem selbst, anderen oder nur dem Wagen bei ungeübter Durchführung schlichtweg zu hoch.
- Schwerer Rost
- Wenn möglich: Passendes Ersatzteil besorgen (eBay, Ersatzteilhändler, https://www.auto-doc.at)
- Falls nötig: Betroffene Stelle mit Schweißgerät ausschneiden
- Ersatzblech anfertigen (ausschneiden, vorbiegen) oder ein fertiges Reperaturblech nehmen
- Ersatzblech punktuell anschweißen. Die unterschiedlichen Metalle verformen sich bei Temperaturschwankungen unterschiedlich. Eine durchgehende Schweißnaht hat keinen Spielraum.
- Mittlerer und leichter Rost
- Die betroffene Stelle mit einem Winkelschleifer (Trennschleifer, Schleifhexe, Feuerradl, schlichtweg: Flex) oder Multitool (Dreiecksschleifpapier Körnung ca. 120) bis auf das blanke Metall abschleifen.
- Wenn an Ecken oder Kanten großflächig Rost entfernt wurde, kann es notig sein, die ursprüngliche Form mit Füllspachtel (mit Glasfasern) wieder aufzubauen.
Für kleinere Aufbauten oder zum Verschließen der Naht an eingeschweißten Teilen, genügt glatter Füllspachtel (ohne Glasfasern). - Überschüssigen Füllspachtes nach dem Aushärten mit Schleifmaschine/Multitool abschleifen (Körnung 120).
- Die blanken Metallstellen mit Filler/Rostschutzgrundierung in mehreren Schichten ungefähr auf die Höhe des restlichen Lacks auffüllen.
- Ausgebesserte Stellen mit Wasserpapier (Körnung 1000 – 1500) glattschleifen
- Stelle in mehreren dünnen Schichten lackieren (Kreuzgang)
- Klarlack auftragen
- Polieren bis die Augen vom neuen Lack geplendet werden
Filler oder glatter Füllspachtel in geflexten Lackstellen
Schwer zugänglicher Stellen
An manchen Stellen kamen wir mit dem klobigen Geräten nicht einfach ran, oder hätten bei deren Verwendung mehr Schaden angerichtet als repariert. So zum Beispiel an der A-Säule direkt neben der Windschutzscheibe oder innen an den Raskästen (ohne die Räder abzumontieren). Hier haben wir für das grobe Anschleifen auf Handarbeit umgeschaltet. Die Detailarbeit haben wir dem Rostumwandler überlassen.
Mit Rostumwandler behandelte kleine Roststellen
Dieses Mittel stoppt den Rost und hinterlässt auch eine schützende Schicht, sodass kein weiteres Wasser an die Stelle kommt. Optisch sieht es allerdings eher unappetitlich aus.
Darum haben wir nach der Anwendung des Rostumwandlers die Stellen von der schmierigen Schutzschicht wieder von Hand befreit und mit der Rostschutzgrundierung übersprayt.
Außerdem nehmen wir den Rostumwandler auf unsere Tour mit. Für frische Schäden oder neuentdeckte Roststellen, ist die Anwendung viel schneller als sofort das schwere Gerät auszupacken. Es ist natürlich nur eine temporäre Lösung, aber besser als die Stellen unbehandelt vor sich hinrosten zu lassen.
Werkzeug- und Materialliste
Winkelschleifer/Flex: https://amzn.to/2M0eEGO
Multitool: https://amzn.to/2B05YKg
Glasfaserspachtel: https://amzn.to/2AWHwJx
glatter Füllspachtel: https://amzn.to/35wdeM2
Filler, Rostschutz, Grundierung: https://amzn.to/2otz0iI
Klarlack: https://amzn.to/2MsJgj5
2 Komponenten (2K) Klarlack: https://amzn.to/2owmLSp
Roststopp/Rostumwandler: https://amzn.to/2VsyP36
Fazit
Keine Rocket-Science 🚀 oder dunkle Magie 🧙, aber viel Arbeit.
Wir haben in die Rostbehandlung vier ganze Wochenenenden investiert (Freitag bis Sonntag, exklusive Farblackierung). Unser Sprinter ist mit seinen Sommersprossen sicher ein Extremfall, aber seid auf viele kleine Arbeitsschritte vorbereitet, wenn ihr euch an die Rostbehandlung macht.